Die Zahl der Frauen, die zum Familienernährer werden, hat in den letzten Jahren stetig zugenommen. Wenn die Frau zum Haupternährer wird, ist es oft der Partner, der für die Erziehung der Kinder, den Haushalt und das allgemeine Wohlergehen der Familie verantwortlich ist. Das Phänomen des Familienernährers wird auch mit Begriffen wie Haupteinkommensbezieher oder Brotverdiener beschrieben. Lange Zeit war der Mann der wichtigste Geldgeber. Frauen sorgen zunehmend für das monatliche Familieneinkommen.
Die Frau als Ernährerin der Familie
Wenn wir uns den deutschen Arbeitsmarkt ansehen, können wir derzeit drei verschiedene Beschäftigungskonstellationen für weibliche Arbeitnehmer erkennen. Frauen können Zuverdienerinnen, Mitverdienerinnen oder Familienernährerinnen sein. Im traditionellen Ernährermodell gilt der Mann als Hauptverdiener, während die Frau das Familieneinkommen lediglich ergänzt. In Zahlen ausgedrückt, macht der Verdienst der Frau als Zweitverdienerin weniger als 40 % des gesamten Haushaltseinkommens aus. Auch der ideale Arbeitsplatz ist selten vorhanden. Im Gegensatz zum traditionellen Ernährermodell zeichnet sich die Familienernährerin dadurch aus, dass sie mehr als zwei Drittel des Haushaltseinkommens beisteuert. Infolgedessen gelten derzeit etwa 25 % aller abhängig beschäftigten Frauen als Familienernährerinnen. Das bedeutet, dass sie nicht nur für sich selbst, sondern auch für mindestens ein anderes Haushaltsmitglied oder die gesamte Familie finanziell verantwortlich sind.
Der Ernährer in der Familie spiegelt den sozialen Wandel wider
Der Ernährer in der Familie gilt als Symbol für den sozialen Wandel, der in den letzten Jahrzehnten stattgefunden hat. Leider fehlt das Bewusstsein dafür, dass Frauen ihre Familien ernähren können, ohne auf das Einkommen ihrer Ehemänner angewiesen zu sein. In den letzten Jahren haben weder der Arbeitsmarkt, noch der Arbeitsplatz, noch der private Bereich das Bewusstsein für die Rolle der Frau als Ernährerin geschärft. Infolgedessen müssen Familienernährerinnen nicht nur berufliche Fragen meistern, sondern auch familiäre und persönliche Fragen mit ihrem Berufsleben in Einklang bringen. Männer sind mit dieser Art von Herausforderungen nicht vertraut und können sie oft nur schwer nachvollziehen.
Warum werden Frauen zu Ernährerinnen in ihren Familien?
Die meisten Frauen werden zu Ernährerinnen ihrer Familien, weil sie es können. Eine gute Ausbildung und ein hoher beruflicher Abschluss ermutigen sie, eine Erwerbstätigkeit auf dem Arbeitsmarkt zu finden. Eine gute Ausbildung begünstigt diese neue Art der Unabhängigkeit. Die Wahrscheinlichkeit, dass eine Frau zur Hauptverdienerin wird, steigt. Doch nicht nur eine gute Ausbildung, ein Abschluss oder andere Qualifikationen sind in diesem Zusammenhang wichtig. In vielen Fällen setzt die Verschiebung der männlichen Erwerbsarbeit die Männer unter einen erhöhten Leistungsdruck auf dem Arbeitsmarkt. Instabilität, Unsicherheit und sogar Arbeitslosigkeit sind häufige Folgen der Kombination von Zeitarbeit, befristeten Verträgen, Teilzeitarbeit und niedrigen Löhnen. Wenn das familiensichernde Einkommen des Partners ausbleibt, wird das Einkommen der Frau immer wichtiger. Die Mehrheit der Familienernährer verdient das Familieneinkommen ungewollt und ungeplant.
Der Arbeitsmarkt für den Familienernährer
Von Frauen dominierte Branchen wie Einzelhandel, Restaurants, Hotels, Gesundheits- und Sozialdienste, Erziehung und Unterricht zeichnen sich häufig durch Minijobs, niedrige Löhne und erzwungene Teilzeitarbeit aus. Frauen in Führungspositionen hingegen sind nach wie vor unterrepräsentiert und haben mit erheblichen Lohnunterschieden zu kämpfen. Das Thema gewinnt vor dem Hintergrund der Familienernährerinnen zunehmend an Brisanz. Frauen haben in diesem Land nach wie vor einen schweren Stand, was die Bezahlung und die Arbeitsbedingungen angeht. Es ist klar, dass die Akzeptanz und die Bedeutung von Frauen als Familienernährerinnen wachsen muss, vor allem wenn die Frau die Hauptverdienerin ist und die ganze Familie versorgt.
Betrachtet man beispielsweise Frauen als Familienernährerinnen im Gastgewerbe, so fällt auf, dass jede vierte Frau eine Familienernährerin ist. Ihr durchschnittlicher Bruttostundenlohn beträgt jedoch nur 8,79 Euro. Die Verdienste im Dienstleistungssektor sind im Vergleich zu vielen anderen Branchen schockierend niedrig. Außerdem hat der Hauptverdiener im Gastgewerbe überdurchschnittlich viele Kinder zu versorgen. Das macht die Arbeitssuche oft unmöglich. Frauen gelten als finanziell schlechter gestellt als vergleichbare Haushalte, weil sie den Löwenanteil des Familieneinkommens erwirtschaften müssen.
Die Ursache für diese Misere ist die überholte Vorstellung, dass viele Berufe in den genannten Branchen nur für Frauen als Zuverdienerinnen gedacht sind. Während männliche Ernährer im Durchschnitt etwa 1.600,00 Euro netto verdienen, liegt das Einkommen von Ernährerinnen häufig deutlich darunter.
Der Familienernährer bei der Arbeit
Frauen sind in mehr als einem Bereich mit sozialer Ungerechtigkeit konfrontiert, nicht nur bei der Bezahlung. Es ist auch klar, dass die Arbeitsbedingungen nicht unbedingt familienfreundlich sind. Flexible Arbeitszeiten und manchmal wechselnde Arbeitsorte sind schwer zu planen und stellen für Frauen, insbesondere Mütter, eine große Belastung dar. Auch ein zunehmender Mangel an beruflicher Mitbestimmung in den Bereichen Gestaltung, Art und Umfang der Arbeit kann schnell zu einer nervenaufreibenden Belastungsprobe werden. Frauen, die in Vollzeit arbeiten, stehen vor einer besonderen Herausforderung. Überstunden und die Mitnahme von Arbeit nach Hause sind keine Seltenheit, was zu einer Entkopplung von Arbeits- und Lebenszeit führen kann.
Mütter, die Vollzeit arbeiten, sind besonders auf eine hochwertige, ganztägige Kinderbetreuung angewiesen. Sie ist ein wichtiger Schlüssel zu einer Vollzeitbeschäftigung. Kinderbetreuungsmöglichkeiten, die deutlich weniger flexibel sind als die Kernarbeitszeit, nützen berufstätigen Müttern jedoch wenig. Deshalb ist der Ausbau der Kinderbetreuungszeiten unabdingbar, denn nur so lässt sich der Spagat zwischen Familie und Beruf auf Dauer meistern.
Der Familienernährer außerhalb der Arbeit
Weibliche Familienernährer erwarten nach wie vor eine stereotype Rollenverteilung, nachdem sie zu Hause gearbeitet haben. Auch wenn der naheliegendste Gedanke ist, dass der Frau als Hauptverdienerin nur ein kleiner Teil der Pflege- und Hausarbeit zugewiesen wird. Das ist bei weitem nicht der Fall. Es ist äußerst selten, dass ein Ehepartner oder Partner die Last der unbezahlten Hausarbeit abnimmt. Es stimmt, dass die Partnerinnen von Familienernährern wesentlich aktiver sind als Männer, die als Hauptverdiener gelten. Dennoch bleiben die Frauen von der Doppelbelastung nicht verschont. Es ist nicht nur das lange verstaubte Geschlechterrollenmodell, das hier eine übergeordnete Rolle spielt. Die fehlende gesellschaftliche Akzeptanz männlicher Rollenmodelle jenseits der Erwerbsarbeit fördert auch das klassische Rollenmodell der Frau.
Was Familienernährerinnen wünschen
Wenn wir uns die Wünsche der Familienernährerinnen ansehen, wird schnell klar, dass es noch viele Jahrzehnte dauern wird, bis die Rolle der Frau als Hauptverdienerin akzeptiert wird. In den Köpfen der Menschen ist es noch nicht angekommen, dass Frauen in der heutigen Welt gleichberechtigt mit Männern sein sollten. So reichen die Wünsche vom „Home-Office“ über flexible Arbeitszeiten bis hin zu angepassten Arbeitszeiten, passend zur jeweiligen Lebensphase.
Nicht zuletzt sind auch Kindererziehung und Kinderbetreuung von der aktuellen Politik abhängig. Wertschätzung und Respekt für alleinstehende oder verpartnerte Familienernährer sind ebenfalls wünschenswert und notwendig. Bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt, die Abschaffung des Splittings und gleiche Bezahlung von Frauen und Männern stehen ebenfalls auf der Wunschliste von Familienernährern.
Die Wunschliste der Familienernährerinnen ist lang. Sie verdeutlicht, wie sehr Frauen gegenüber Männern benachteiligt sind und wie wenig Interesse der Familienernährer an der Gesellschaft hat. Eine neue und vielfältigere Rollenverteilung zur Bewältigung des Alltags in der Familie ist unerlässlich.